Die Gruppe der Zunftmeister besteht beim Freischießen 2024 aus folgenden Schützenbrüdern:
Die Angaben in (Klammern) bezeichnen jeweils das Berufsbild.
Zunftobermeister: Thomas Mertens (Buchbinder)
Stellvertretender Zunftobermeister: Uwe Jarms (Zimmermann)
Säckelmeister: Andreas Falk (Glaser)
Stellvertretender Säckelmeister: Kay Schieritz (Küfer)
Weitere Zunftmeister sind: Patrick Bartsch (Schuhmacher), Andreas Bohne (Maler), Daniel Clement (Bäcker), Lucas Diebel (Seiler), Jens Franke (Dachdecker), Dennis Greger (Schlosser), Markus Itter (Gerber), Christian Just (Schmied), Michael Kate (Tischler), Christoph Klein (Weinbauer, Chronist), Tobias Klöppner (Barbier), Piero Mallia (Schornsteinfeger), Tino Marx (Maurer), Dirk Meuser (Metzger), Björn Müller (Drechsler), Michael Seebold (Müller), Torsten Sieslack (Steinmetz), Friedrich Sinemus (Kupferschmied) und Frank Wilde (Goldschmied)
Ehrenzunftobermeister: Robert Pohlmann
Ehrenzunftmeister: Dieter Klein, Prof. Dr. Martin Kipp, Günther Mertens, Helmut Meuser, Dirk Oesterling
Passive Zunftmeister: Harry Becker, Werner Böss (ehem. Chronist), Claus-Heino Clement, Herbert Dörflinger, Mehdi Esmailian, Dirk Flinkmann (ehem. stellv. Säckelmeister), Günter Franke, Bernd Harmel, Wilfried Hildebrand, Bernd Hoffmann, Herbert Klein, Lothar Lange, Wolfgang Müller (ehem. stellv. Säckelmeister), Frank Poppe, Matthias Schinzel, Hartmut Schmidt, Karl-Heinz Schweinsberg, Otto Sonnenschein, Gerhard Weag (ehem. Gesangsmeister)
Verstorbene Zunftmeister seit dem Freischießen 2014: Jürgen Klein (verstorben: 06.05.2015), Wilfried Meuser (verstorben: 17.09.2016), Heinz Meuser (verstorben: 21.12.2021), Lothar Schiel (verstorben: 25.12.2022), Günter Magnus (verstorben: 31.07.2023), Dr. Volker Meywald (verstorben: 19.08.2023)
von Robert Pohlmann, Werner Böss, Prof. Dr. Martin Kipp und Günther Mertens
Einen neuen Farbtupfer im großen Festzug des Freischießens stellt seit 1979 die Gruppe der Zunftmeister dar. Die Mitglieder dieser Gruppe wollen eine Verbindung zum Zunftwesen des Mittelalters aufbauen und bewusst machen, dass neben Landsknechten, Ratsherren und Bürgern viele Handwerker in den Mauern einer Stadt ihren Teil zum Gemeinwesen beitrugen. In unserer mittelalterlichen Fachwerkstadt Mengeringhausen stand das Handwerk schon in frühester Zeit in großer Blüte. Dies beweisen u.a. die wunderbaren Holzschnitzereien an den Häusern, die mittelalterlichen Ornamente in verschiedenen Ausführungen und vornehme Geschlechterwappen aus der Zeit des Barock. Man muss deshalb annehmen, dass hier vortreffliche Meister der mittelalterlichen Handwerkskunst am Werke waren.
Um 1530 wurde Mengeringhausen immer mehr zum kulturellen Mittelpunkt Waldecks. Neben dem Sitz des Freigerichts und ab 1537 auch des Landgerichts entwickelte sich immer mehr das Handwerk und Gewerbe. Die Handwerker waren wiederum in den Zünften straff organisiert. Dies war ein Genossenschaftsverband von Angehörigen desselben Gewerbes zum Zwecke der Förderung gemeinsamer Interessen. Die Versammlungen fanden meistens am Vormittag statt und hießen deshalb "Morgensprache". Besonders wichtige Amtshandlungen, wie Lehrlinge "ledig" sprechen oder neue Zunftmitglieder aufnehmen, wurden vor geöffneter Zunftlade durchgeführt. Anfangs gliederte sich die Gesamtheit der Genossen in drei Stufen: Meister, Knechte und Lehrlinge. Im Lauf der Zeit kam die Bezeichnung "Knecht" in Verruf und man beanspruchte den Titel des "Gesellen".
Es gab eine große Anzahl verschiedener Gewerbe. In einem Städtchen wie Mengeringhausen wurden für das Jahr 1405 mehr als 75 verschiedene Berufe nachgewiesen. Den Mengeringhäuser Zimmerleuten ging ein so guter Ruf voraus, dass sie während der Wanderjahre keine Mühe hatten, außerhalb Hessens Arbeit zu finden. Überall schufen sie wahre Prunkstücke an Fach- und Giebelhäusern. Ebenso bekannt waren die Weiß- und Rothgerber. Der Unterschied zwischen Weiß- und Rothgerbern: Weißgerber stellten dünne, feine Leder her und die Rothgerber grobe Leder.
Allein 17 Metzger betrieben ein Geschäft. Auf Erlass des Grafen Friedrich zu Waldeck musste "den Armen wie den Reichen ohne Unterschied, Freundschaft, Missgunst und Affektion" verkauft werden. Die Anzahl der Metzger wurde auf 12 begrenzt. Die strenge Zunftordnung schrieb vor, dass die Schlachttiere auf geeigneten Hängewaagen abzuwiegen waren und ihre Qualität zu prüfen war. Lange wurde der Fleischbedarf Arolsens fast ausschließlich von Mengeringhausen aus gedeckt.
Die Zunftordnung für die Schmiede wurde von Graf Frantz zu Waldeck anno 1590 unterzeichnet. Als Beispiel der §3 dieser Ordnung: "Ein Hufschmidt soll aus freyer Hand schmieden vier fünft Hufeisen einen Pferde, so er nicht beschlagen, sondern nur mit den Augen siehet."
Die Goldschmiedekunst kam in Mengeringhausen schon früh zu sehr großer Blüte. Bereits im 15.Jahrhundert gaben die waldeckischen Grafen Aufträge an Goldschmiede dieser Stadt. Diese Entwicklung gipfelte in der Kunst des wohl besten Goldschmieds im Waldecker Land, Georg Friedrich Esau. Ein Beispiel seiner Arbeiten findet man in dem Wappen des Fürsten Georg Friedrich von Waldeck, welches er um 1670 anfertigte. Ebenso stammt das Hauptschild der Mengeringhäuser Königskette aus seiner Werkstatt.
Eine umfangreiche Zunftordnung aus 1758 für die im "hiesigen Waldeckischen als Pyrmontischen Landen wohnende" Buchbinder ist im Stadtarchiv hinterlegt. In 18 Artikeln wurden Regeln über den Umgang zwischen Meister, Gesellen und Lehrlingen, über das Meisterstück, die Wanderzeit, die Strafen usw. festgelegt. Natürlich gab es noch die Bauhandwerker, Büchsenmacher, Drechsler, Sattler, Schneider, Seiler, Schreiner, Stellmacher und Töpfer.
Die Mitglieder der Zünfte in Mengeringhausen bildeten durch Einigkeit feste Berufsgemeinschaften, die sogar danach strebten in einer Gasse zu wohnen. Die Zünfte gewannen durch ihre Geschlossenheit und Stärke immer mehr Einfluss auf die öffentliche Verwaltung. Mitglieder aus den Zünften wurden in Rat der Stadt aufgenommen. Bereits um das Jahr 1800 wurde aus den Reihen der Handwerker der Bürgermeister gewählt. Die Handwerksmeister waren nicht nur tüchtig im Beruf, sondern leisteten auch auf diesem Gebiet, zum Wohl unserer Stadt, gute Arbeit.
Vor diesem historischen Hintergrund entstand 1977 im Kreis von einigen ehemaligen Burschen des Freischießens 1972 der Entschluss zur Gründung der Gruppe der Zunftmeister. Die betreffenden Schützenbrüder hatten bei der Burschenschaft engagiert mitgearbeitet und auch viele schöne Erlebnisse bei den Zusammenkünften und offiziellen Anlässen miterlebt. Da die Chance zur Aufnahme bei den bestehenden historischen Gruppen sehr gering war, fanden Gespräche mit anderen Schützenbrüdern in ähnlicher Lage statt und es reifte der Entschluss, etwas Neues aufzubauen.
Auf dieser Basis stellte der noch amtierende Auditeur des Freischießens 1972, Robert Pohlmann, einen diesbezüglichen Antrag an den Vorstand der Schützengesellschaft. Diesem Antrag zur Neugründung einer historischen Gruppe wurde am 11. November 1977 zugestimmt. Daraufhin fand am 12. Januar 1978 die Gründungsversammlung der Gruppe mit 17 Schützenbrüdern in der Gaststätte "Ratsstuben" statt. Zum ersten Mitwirken beim Freischießen 1979 bestand die Gruppe aus 21 Zunftmeistern. Der Vorstand bestand nach der Gründung aus dem Zunftobermeister Robert Pohlmann, dem stellvertretenden Obermeister Helmut Meuser, dem Säckelmeister Günther Mertens, sowie seinem Stellvertreter Wolfgang Müller. In den folgenden Jahren erfolgte eine Erweiterung auf 24 aktive Zunftmeister.
Nachdem am 30. April 1991 der kurz nach Gründung der Gruppe zum Ehrenzunftmeister ernannte Ernst Brand verstarb, wurde am 12.Januar 1992 als neuer Ehrenzunftmeister der in Mengeringhausen geborene Professor Dr. Martin Kipp aufgenommen. Bereits 1986 wurde anlässlich des Frühstückes beim Obermeister Robert Pohlmann der das alte Handwerk sehr intensiv verkörpernde Theodor Schwenke als weiterer Ehrenzunftmeister bestellt.
Schnell etablierte sich die neue Gruppe im Umfeld der Schützengesellschaft. Gemäß altem Brauch wurde der 1. Mai als fester Feiertag eingeführt. Schon früher feierte und tanzte man an diesem Tag. Bei vielen Zünften war die Beteiligung am Maifest Pflicht und das Fernbleiben unter Strafe gestellt. Als weitere Bereicherung des Festgeschehens wurde 1986 eine Freisprechungsfeier einstudiert. Sie wurde während des Freischießens mehrfach am Zunfthaus aufgeführt.
Um den Bezug zum historischen Hintergrund zu verdeutlichen, wurde erstmals beim Freischießen 1993 symbolisch eine Zunftlade im Festzug mitgeführt. Über die Bedeutung der Zunftlade wird an anderer Stelle in der Festschrift berichtet.