Freischießen in Mengeringhausen
vom 19. bis 24. Juni 2024

Das Festspiel "Treue um Treue" 

Auf dieser Seite erhalten Sie einen Überblick über die Geschichte des Festspiels "Treue um Treue" zum Freischießen in Mengeringhausen.

zusammengestellt von Willi Ashauer





 

Die Zeit 1902 bis 1930

 


Im Freischießensjahr 1895 gab der damalig Reichstagsabgeordnete und Schriftsteller Dr. Friedrich Böttcher seinen Freunden das Versprechen, ein Festspiel für das Mengeringhäuser Freischießen zu schreiben, das dann auch wirklich im Jahre 1902 zur Uraufführung gelangte. Damit schuf er ein Werk, das hinfort zum Mittelpunkt aller Freischießensfeste wurde und bis zum heutigen Tage in seiner Wirkung einmalig ist. Während alle ähnlichen Heimatfeste in der näheren und weiteren Umgebung sich auf historische Umzüge und Bräuche beschränken, die übrigens oft eine Nachahmung unseres Festes darstellen, hat Mengeringhausen mit seinem Festspiel ,,Treue um Treue" einen kulturellen Mittelpunkt geschaffen, der bislang von allen Festbesuchern anerkannt wurde und hoffentlich auch weiterhin Geltung haben wird.


1909 erlebte das Festspiel seine Wiederholung und brachte für das Fest den besonderen Höhepunkt, den es nun fortan behalten sollte. Hatte man 1902 noch gewisse Vorbehalte dem Festspiel gegenüber eigentlich unverständlicherweise -, so wurde die Aufführung 1909 zum vollen Erfolg. Gegen viele Widerstände und gegen Unverständnis gelang es damals im Jahre 1901, dem Gemeinderat und Gemeindevorstand eine Genehmigung zur Aufführung eines Festspieles abzuringen für uns heute wohl kaum verständlich. In all den Jahren seit 1902 wurde nun an Freischießen unser Heimatfestspiel aufgeführt und begeistert aufgenommen. Nur einmal - im Jahre 1923 - konnte das Festspiel nicht aufgeführt werden, weil die notwendige Vorbereitungszeit fehlte.


Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass nach dem ersten Weltkrieg niemand in Mengeringhausen daran gedacht hatte, in solch ernster Zeit ein Fest zu feiern, so wirkt es fast wie ein Wunder, dass trotz Not und Entbehrung in der Bevölkerung ein Funke den Freischießensgeist entfachte und das beinahe Unmögliche möglich machte. Ein Gesuch der Burschenschaft im Namen der ganzen Bevölkerung an den Gemeinderat wurde am 18. Juni 1923 genehmigt. Und schon am 23. und 24. Juni 1923 fand unter großer Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger eine Erinnerungsfeier statt. Da konnte also ein Festspiel nicht eingeübt werden.


Mit dem Festspiel, das nun im Jahre 1930 wieder aufgeführt werden sollte, kam ein Gedanke auf, der für unsere Stadt von besonderer Bedeutung werden sollte.



 

Die Zeit von 1930 bis 1944

 


Während man 1902 und 1909 ein Festzeit erstellte, das den Anforderungen des Festspiels in etwa genügte, aber auch besondere Kosten verursachte, kam der Gedanke auf, eine Festhalle zu bauen, um ein für allemal die Schwierigkeit aus dem Weg zu räumen. Das war die Geburtsstunde für unsere Stadthalle. In einer einmaligen Aktion schufen damals der Freischießensgeist und der Bürgersinn der Mengeringhäuser unsere Stadthalle.


Als dann im Jahre 1929 der Gedanke Wirklichkeit wurde, hat dazu einen wesentlichen Teil das Festspiel "Treue um Treue" beigetragen. Ein Festspiel einer eigens dafür gebauten Halle erforderte auch ein besonderes Engagement der Festspielgemeinde. Die Vorbereitungen für das Freischießen 1930 begann; da galt es zunächst, die Voraussetzungen für das Festspiel zu schaffen. Der damalige Vorsitzende der Schützengesellschaft, Adolf Baßler (1902 Graf Heinrich der Eiserne) hatte schon eine Beziehung zum damaligen Intendanten des Kasseler Staatstheaters, Walther Sieg, aufgenommen - wahrscheinlich waren Herr Baßler und Herr Sieg persönlich miteinander bekannt geworden. Diese Verbindung brachte nun neues Leben in die Theaterszene für das Freischießen und garantierte eine optimale Neuinszenierung des Festspiels. Nachdem Herr Sieg im Januar 1930 sich in Mengeringhausen mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht hatte, schreibt er: ,,Zu einer würdigen Aufführung gehört auch ein würdiger Rahmen, und wenn ich mir Ihre prachtvolle Stadthalle vergegenwärtige, wünsche ich auch, dass auch die Bühnenausstattung sich darin sehen lassen kann. " Und in einem späteren Brief: Ich lege jedenfalls größten Wert darauf, dass sich das Festspiel in Ihrer wundervollen Festhall auch würdig präsentiert. Am 26 und 29. Juni 1930 erfolgten dann die Aufführung des Festspiels unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und der Gäste unter ihnen der Regierungspräsident Dr. Friedensburg aus Kassel als Repräsentant der Obrigkeit, nachdem am 1. April 1929 der Freistaat Waldeck aufgehört hatte zu existieren.


Der Chronist schreibt dazu:,, Wir müssen immer wieder bekennen, dass unser ganzes Fest zwei Höhepunkte hat: Festzug und Festspiel. Herr Walther Sieg verstand es, durch wenig Mittel und eindrucksvolle Szenen ein hervorragendes Spiel auf die Bühne zu stellen und die Spieler zu beachtenswerten Leistungen anzufeuern, Für alle, die sich an den Aufführungen beteiligten, wird die Zeit der Proben eine schöne Erinnerung fürs Leben sein an der Herr Sieg nicht geringen Anteil hat."


Zum Freischießen 1937 war wieder ein Fachmann aus Kassel verpflichte werden, Herr Oberspielleiter F. W. Hanschmann vom Staatstheater hatte auf Empfehlung von Herrn Walther Sieg die Einstudierung übernommen. Ein großer Teil der Festspieler von 1930 war nun wieder bereit, mitzuwirken, und es konnten viele Rollen mit den alten Spielern besetzt werden, die mit den neuen Darstellern zusammen hervorragende Aufführungen garantierten, In der Waldeckischen Landeszeitung hieß es damals: "Und gerade im Hinblick auf die mustergültige geschlossene Gemeinschaftsarbeit, die hier geleistet worden ist, erübrigt sich eine besondere Würdigung der Hauptkräfte. Alle Rollen sind gut besetzt, auch den kleinsten hat der Spielleiter sorgfältige Beachtung geschenkt. Alle Spieler haben sich so in den Geist des Stückes hineingelebt, dass man ganz vergisst, Schauspieler vor sich zu haben, die sonst irgendeinem Beruf als Bauer oder Handwerker, in der Schreibstube oder Fabrik nachgehen. Durch sie werden Gestalten lebendig, die in der Geschichte der Stadt fortleben. Auch Bühnenbild und Ausstattung verdienen Anerkennung. Man sieht durch eine geschickt aufgebaute Inszenierung Bilder von einer solchen Wahrheit, Schönheit und Wucht, wie man sie sonst auf solchen Bühnen nicht erlebt." Wieder einmal wurde dann durch den Gang der Geschichte ein Traum zunichte. Der zweite Weltkrieg mit allen seinen verheerenden Folgen brach aus und ließ alle Hoffnungen auf ein Freischießen 1944 dahinschwinden.





 

Die Zeit von 1944 bis 1965

 


Doch wie groß auch der Schmerz und die Trauer waren, die nach 1945 unser Volk und unser Land erfassten, den Freischießensgeist lassen sich die Mengeringhäuser aus ihrem Herzen nicht nehmen. Als Regisseur des Festspiels 1951 wurde Studienrat Stielow aus Korbach gewonnen, dessen Sachkenntnis sich bald offenbarte und der durch seinen Eifer und sein Einfühlungsvermögen die Teilnehmer begeisterte und sie zu Leistungen anspornte, die von den Besuchern der Aufführungen mit großem Applaus gewürdigt wurden. Der Chronist berichtet: Die Leistungen aller Spieler waren so abgerundet und imprägnant, dass die Besucher völlig in den Bann des Spiels gezogen waren und sich in das Mittelalter zurückversetzt fühlten. Die Stadthalle konnte oft nicht die Masse der Festspielbesucher fassen.


Vom Freischießensjahr 1958 wird uns berichtet: Auch beim diesjährigen Freischießen begeisterte das Festspiel "Treue um Treue" von Dr. Friedrich Böttcher Tausende von Zuschauern. Die Spielleitung lag wieder in den fachmännischen Händen von Studienrat Stielow, Korbach, der sich voll und ganz für das gute Gelingen einsetzte. Die Leistungen einzelner Spieler hier herauszustellen, würde zu weit führen, gesagt sei eines, dass sich der intensive Einsatz aller Spieler gelohnt hat und alle bestens ankamen. 


In den Nachbetrachtungen zum Freischießen 1958 taucht nun bald, was das Festspiel angeht, der Gedanke auf, die Kostüme für die Aufführungen, die bisher in einem Kostümverleih besorgt wurden, in eigener Regie anzufertigen oder in Absprache mit dem Regisseur und dem Leiter der Kostümabteilung des Staatstheaters in Kassel anfertigen zu lassen. Der Vorsitzende der Schützengesellschaft, Ernst Brand, führte nun eine umfangreiche Korrespondenz mit dem Enkel Dr. Friedrich Böttchers, Hans Busch, Professor in Bloomington/USA, um ihn für die Inszenierung des Festspiels im Jahre 1965 zu gewinnen und um Beratung in den anstehenden Kostümfragen. Der Schriftverkehr zog sich über Jahre hinweg, und Prof. Hans Busch, der selbst den Wunsch geäußert hatte, einmal die Regie des Stückes seines Großvaters zu übernehmen, musste dieses Vorhaben dann endlich aus Termingründen aufgeben. Doch durch seine Verbindungen zu anderen Theaterleuten hat er dazu beigetragen, dass zunächst einige neue Kostüme nach einem Entwurf des an der New Yorker Metropolitan Oper wirkenden Bühnenbildners H. M. Crayon in Dortmund beschafft wurden. Später wurden dann Kostüme vom Staatstheater Kassel für die Aufführungen in Mengeringhausen ausgeliehen, und zum Festspiel 1972 wurde die Kostümausstattung der ,,Meistersinger" erworben.





 

Die Zeit von 1965 bis 1979

 

 

Nachdem der Intendant des Staatstheaters, Herr Dr. Günter Skopnik, zeitlich nicht in der Lage war, das Festspiel zu inszenieren, fand sich letztlich doch noch ein kompetenter Mann, der die Aufgabe übernahm, Oberregisseur Hanns Friederici, der zu der Zeit ein Ferienhaus auf Scheid am Edersee bewohnte, erklärte sich bereit, nachdem er den Text des Theaterstücks gelesen hatte, die Einstudierung zu übernehmen. Herr Friederici, ein bekannter Mann in Theaterkreisen, der zwar im Ruhestand lebte, aber noch voller Begeisterung zu seinem Metier stand, hat nun in den Jahren 1965 und 1972 die Geschicke des Festspiels in die Hand genommen. Mit Begeisterung stand ihm eine Schar von Festspielern zur Verfügung, die sich heute noch gern an die Zeit ihres damaligen Tuns erinnern. Der damalige Vorsitzende der Schützengesellschaft, Ernst Brand, dankte Regisseur Hanns Friederici:


"Verehrter, lieber Herr Friederici! Ihr in der Freitagausgabe (28. Juli) der Waldeckischen Landeszeitung erschienener öffentlicher Dank an ,Ihre lieben Mengeringhäuser' veranlasst mich, Ihnen namens des Schützenvorstandes und auch persönlich ebenfalls herzlich Dank zu sagen für alle Mühe und Arbeit, die Sie sich um das Festspiel ,Treue um Treue' gemacht haben, Der schönste Lohn wird für Sie und alle Mitwirkenden die neidlose Anerkennung der großartigen Leistung durch die vieltausendköpfige Zuschauerzahl gewesen sein. Wenn auch das Spiel an den drei Hauptfesttagen, einmal durch die Schwüle im Saal, zum anderen durch den Trubel auf dem Festplatz, etwas beeinträchtigt war, so möchte ich als einer der früheren Mitspieler Ihnen gerne bestätigen, dass die vorhergegangenen abendlichen Vorstellungen wie aus einem Guss waren und kaum noch überboten werden konnten. Ich glaube, auch Dr. Friedrich Böttcher hätte seine Freude gehabt."


Bei der Gestaltung der Bühne wurden 1965 größere Veränderungen vorgenommen, die von Rolf Tschierschky geplant und entwickelt wurden, Die ursprünglichen Kulissen, die zum größten Teil von der Erstaufführung 1902 stammten und zunächst für die Zeltaufführung geschaffen worden waren damals von dem Zeichenlehrer des Gymnasiums in Arolsen, Herrn Karl Thiemann, entworfen und ausgemalt - mussten nun ergänzt und erneuert werden, Dabei sollte die Bühnentechnik verbessert werden, die einen schnelleren Umbau der neuen Bühnenbilder erlaubte - von einer ursprünglich vier Stunden dauernden Aufführung sollte nun die Spielzeit auf ungefähr 2½ Stunden verringert werden. Das ist durch die Anordnung der Kulissen auf sogenannten Drehgestellen, bei denen man beim Szenenwechsel nur die Drehelemente zu drehen brauchte, gelungen.


Schon frühzeitig bemühte man sich im Jahre 1978, einen Nachfolger für den bisherigen unvergessenen Regisseur Hanns Friederici zu bekommen, Eine Anfrage beim Staatstheater in Kassel führte zu Herrn Ellmar Peters, der als Schauspieler des Staatstheaters sich in Niederelsungen nebenberuflich als Regisseur bei den Freilichtaufführungen der dortigen Theatergemeinde engagiert hatte. Nachdem Herr Peters sich dem Schützenvorstand Anfang November 1978 vorgestellt und seine Ideen entwickelt hatte, wurde mit ihm am 20. November 1978 ein Vertrag geschlossen, der ihn verpflichtete, die Spielleitung und Einübung des Festspiels "Treue um Treue" vom 5. bis 8. Juli 1979 zu übernehmen, Eingeschlossen sollte auch die Beratung für die "Gerichtsszene unter den Linden" sein.


Bei den nun folgenden Proben gab es zwar manchmal Differenzen zwischen ihm und dem Spielausschussvorsitzenden, Herrn Walther Krill der seit 1965 den Spielausschuss leitete. Aber als dann am 6. Juli 1979 die Festaufführung des Heimatspiel stattfand, konnte man feststellen, dass sich all die Mühe, der Zeitaufwand, die gegenseitigen Auffassungen im Vorfeld letztendlich gelohnt hatten, Die Zuschauer waren wieder einmal begeistert von ihrem Heimatspiel und dankten es den Mitwirkenden der Aufführungen mit großem Applaus. Vielleicht ist es an dieser Stelle mal angebracht, darauf hinzuweisen, dass über einen Zeitraum von sieben Monaten hinweg Woche für Woche die Theaterproben abends nach Feierabend stattfanden, die von den Mitspielern in echter Begeisterung und echter Heimatliebe getragen werden. Die Festspielgemeinde ist in diesen Monaten zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen, um die sie zu beneiden ist.





 

Die Zeit von 1979 bis 2000

 



Nun rückte das Freischiessensjahr 1986 näher, und wieder begann es mit den Vorbereitungen für das Festspiel. Im Februar 1985 wurde Herr Walter Abèe zum Vorsitzenden des Spielausschusses gewählt, und im April fand eine erste Fühlungnahme mit Herrn Eduard Thielemann, Korbach, statt, bei der weitere Herren des Vorstandes anwesend waren. Aufgrund des Gespräches und der Beurteilung desselben wurde dann Herr Thielemann mit der Einübung und Leitung des Festspiels 1986 betraut. Bereits am 27. August 1985 fand die erste Vorbesprechung im Rathaussaal statt. Herr Thielemann, der im hiesigen Umkreis kein Unbekannter war als Regisseur der Freilichtaufführungen in Twiste und Niederelsungen , hat bewiesen, dass er etwas vom Theater versteht.


Nun konnten die Mengeringhäuser Festspielbegeisterten mit den Proben für 1986 beginnen. Anfang Oktober wurde zunächst einmal, ab Januar 1986 zweimal wöchentlich geprobt, Wiederum war bald eine Atmosphäre geschaffen, die eine Erfolg versprechende Aufführung zum Freischießen 1986 garantierte, Am Donnerstag, dem 19. Juni 1986, und Sonnabend, dem 21. Juni 1986, begeisterten dann die Festspieler die vielen Besucher, die zum Freischießen gekommen und voll des Lobes über die gelungenen Aufführungen waren. Zuvor aber hatten sich die verschiedenen Besetzungen des Stückes der heimischen Bevölkerung in den Generalproben vorgestellt und den Applaus ihrer sachverständigen Mitbürger mit Freude genossen.


Der Erfolg der einzelnen Aufführungen wird wohl am besten daraus ersichtlich, dass Herr Thielemann für das Jahr 1993 wieder für der Inszenierung des Festspiels beauftragt wurde. Viele Monate war wieder eine begeisterte Festspielgemeinde dabei, das Werk Dr. Friedrich Böttchers in neuem Glanz erstehen zu lassen. Und niemand zweifelte daran, dass es ebenso wie im Jahre 1986 gelingen würde dem Freischiessen 1993 mit den Aufführungen von ,,Treue um Treue" einen kulturellen Höhepunkt zu geben." 


Zum Freischießen 2000 hat sich wieder eine sehr engagierte Schar von Laien-Schauspieler um den Ausschussvorsitzenden Manfred Reuter zusammengefunden und probt eifrig unter Anleitung des Regisseurs Ludgerus Damen aus Homberg. Die Regiearbeit wurde bereits im September 1999 aufgenommen. Ca. 64 Proben werden bis zur geplanten Generalaufführung am 2. Juni 2000 durchgeführt.